Die aus England stammende Ehrwürdige Meisterin Jiyu Kennett (1924 – 1996) war in aller Wahrscheinlichkeit die erste Westlerin, die in dieser buddhistischen Tradition in Japan als Zen-Meisterin (Roshi) anerkannt worden ist. 1960 machte die damalige Peggy Kennett im Rahmen ihrer Aktivitäten innerhalb der „Buddhist Society“ in London die Bekanntschaft des damaligen Hauptabtes von Soji-ji, eines der beiden großen Ausbildungsklöster der Soto-Zen-Schule in Japan. Der Ehrw. Keido Chisan Koho Zenji war auf Besuch in Amerika und England auf einer Vortragsreise und lud sie ein, nach Japan zu kommen, um sich in seinem Kloster zu üben und seine Dharma-Jüngerin zu werden.
Ihre Reise nach Japan führte über Malaysia, wo sie am 21. Januar 1962 in Malacca vom Abt des Tempels Cheng Hoon Teng, dem Ehrw. Seck Kim Seng, in die chinesische Sangha ordiniert wurde und den Ordinationsnamen Sumitra erhielt. Einige Jahre später anerkannte sie der Ehrw. Seck Kim Seng als Dharmameisterin an und hinterließ ihr vor seinem Tod im Jahr 1980 seine zeremonielle Mönchsrobe (Kesa).
Als die Ehrw. Sumitra im Frühjahr 1962 in Japan eintraf, hieß der Ehrw. Koho Zenji sie als seine Dharma-Jüngerin im großen Kloster Soji-ji willkommen und änderte ihren Ordinationsnamen Sumitra zum entsprechenden japanischen Namen Jiyu (Mitfühlende Freundin) ab. Aufgrund ihrer Hingabe zum Weg Buddhas, die durch eine Kensho-Erfahrung (das tiefgründige Erkennen der wahren Natur unseres Daseins) gefestigt worden war, erhielt die Ehrw. Jiyu-Kennett im Mai 1963 von Koho Zenji die Dharma-Übermittlung, und wurde später von ihm als Zen Meisterin (Roshi) und Dharma-Nachfolgerin anerkannt. Sie unterzog sich auch den traditionellen Prüfungen eines Soto-Zen-Priesters, wie zum Beispiel den Kessei-Zeremonien, in denen sie als Äbtissin anerkannt wurde.
Ende 1969, ungefähr zwei Jahre nach Koho Zenjis Tod, verließ Jiyu-Kennett Roshi Japan. Sie besuchte die U.S.A, Kanada und England und ließ sich schließlich in den U.S.A. nieder. Im Jahr 1970 gründete sie das Kloster Shasta Abbey in Nordkalifornien, wo sie bis zum Ende ihres Lebens blieb. 1972 eröffnete sie ein zweites Kloster, Throssel Hole Priory (heute die Buddhistische Abtei Throssel Hole) im Norden Englands.
Nach 1973 war es der Ehrw. Meisterin Jiyu aus gesundheitlichen Gründen nur noch selten möglich zu reisen. Sie verbrachte die meiste Zeit im Kloster Shasta Abbey, wo sie als dessen Äbtissin viele Frauen und Männer ordinierte, der stetig wachsenden Kloster- und Laiengemeinschaft das Dharma lehrte und sie auf dem Weg Buddhas führte. Sie übersetzte viele grundlegende Texte großer Soto-Zen-Meister und Mahayana-Texte ins Englische.
1978 gründete die Ehrw. Dharmameisterin den Orden der Buddhistischen Kontemplativen (O.B.K.), einen westlichen Orden der Soto-Zen-Tradition. Der Orden sieht seine Aufgabe darin, für die Tradierung der buddhistischen Lehre, wie sie von seiner Gründerin empfangen wurde, Sorge zu tragen. Er unterstützt die Aktivitäten und fördert den Austausch seiner ordinierten und Laienmitglieder, bietet Beratung und Supervision an und formuliert Regeln und Abläufe, die das harmonische Zusammenleben in der Ordensgemeinschaft erleichtern sollen. Dem Orden gehören sowohl Nonnen und Mönche als auch Laienlehrer und -lehrerinnen an. Der Orden ist aktiv in den U.S.A., Kanada, England, Deutschland und Holland. Über die Jahrzehnte sind in Nordamerika und in Europa zahlreiche Meditationsgruppen der Laiengemeinschaft herangewachsen.
In den Ausbildungsklöstern in den U.S.A. und England leben Mönche und Nonnen als zölibatäre Gemeinschaft zusammen. Männer und Frauen sind völlig gleichberechtigt und werden gleichrangig anerkannt, was die Ordination und die Ausführung aller priesterlichen Funktionen anbelangt. Viele der ordinierten Dharma-Jüngerinnen und Dharma-Jünger erhielten von der Ehrw. Jiyu die Dharma-Übermittlung. Sie verwalten heute ihren spirituellen Nachlaß und führen ihre Arbeit fort.
Die Ehrw. Meisterin Jiyu-Kennett ist am 6. November 1996 im Kloster Shasta Abbey gestorben. Sie war seit Jahren Diabetikerin gewesen und hat in ihren letzten Lebensjahren unter schwerwiegenden Komplikationen dieser Krankheit gelitten. Die Ehrw. Jiyu beeinflußte das Leben vieler Menschen auf tiefgreifende Weise. Sie hat für diejenigen, die ihr begegnet sind, die Lehre und den Weg Buddhas verkörpert und verkörpert dies auch heute noch.
Website des Ordens : http://www.obcon.org